vorwort

1. Vorwort

Heute ist es in den steilsten Lagen Deutschlands keine Seltenheit mehr, dass in einem Weinberg über Jahre hinweg Spitzenqualitäten erzeugt werden und direkt daneben Hecken wachsen. So auch in Monzingen und das manchmal schon seit über 30 Jahren. Wie ist das zu erklären?
Diese Flächen sind extrem schwierig zu bewirtschaften, der Einsatz von Traktoren ist unmöglich und der Boden zu mager um große Erträge zu bringen. Aber ist das ein Grund? Nicht für uns. Qualität hat schließlich auch etwas mit Quälen zu tun. Deshalb arbeiten wir schon seit über 20 Jahren an der Rekultivierung einst hoch geschätzter Weinbergsflächen in den Monzinger Lagen FRÜHLINGSPLÄTZCHEN und HALENBERG.
Beispielhaft dafür ist die Rekultivierung des steilsten Teilfläche im HALENBERG, die wir für Sie im Jahr 2007 dokumentiert haben:

Es handelt sich dabei um eine 0,64 Hektar große Parzelle, die wir 2006 mit erheblichem Aufwand in unseren Besitz bringen konnten. Sie schließt direkt an eine bereits bestehende Weinbergsparzelle im Halenberg an, die wir intern als "Lay", wie Schiefer, bezeichnen. Die Qualitäten die wir in den Vorjahren dort ernten durften, die Bewertung als erste Güte in der preußischen Steuerkarte von 1901 und letztendlich auch unser Wissen von den geologischen und mikroklimatischen Bedingungen - das alles hat dazu geführt, dass wir schließlich erkannt haben, dass es tatsächlich eine Schande wäre, dieses Filetstück des Halenbergs den Dornenhecken zu überlassen.

Rodung

2. Rodung

Ein vermeintlich großes Problem konnte durch Einsatz schwerer Forsttechnik doch relativ leicht in den Griff bekommen werden. Die Büsche und kleinen Bäume, die in den letzten 30 Jahren auf der Fläche gewachsen sind, mussten zunächst weichen. Per Hand hätte dies wochenlange Arbeit und viel Schweiß gekostet. Dank dieser Maschine war alles innerhalb eines Tages erledigt.

Es handelt sich um eine schwere Gummiketten-Raupe mit einem Forstmulcher als Frontanbaugerät.
Bei der Bergfahrt verarbeitet der Mulcher alles was ihm in den Weg kommt zu grober Mulchmasse. Selbst kleine Bäume mit 20cm Stammdurchmesser sind kein Problem. Bei der Talfahrt wird der noch verbliebene Bewuchs, sowie der grobe Mulch zu bestem Kompostmaterial zerkleinert.
Bei bis zu 70% Steigung hatte selbst der Raupenfahrer große Bedenken, ob er tatsächlich die gesamte Fläche bearbeiten könne. Wir hatten uns schon auf Schwielen an den Händen und Dornenkratzern an den Armen eingestellt, die wir uns bei der Restarbeit sicher zugezogen hätten. Doch wir hatten Glück! Mit großem Geschick schaffte es unser Fahrer tatsächlich die ganze Fläche abzumulchen - obwohl er mehrfach hängen blieb und noch mal neu ansetzen musste.

Rigolen

3. Rigolen

Ein zügiges Wachstum der jungen Reben kann nur gewährleistet werden, wenn es die zarten Wurzeln möglichst leicht haben, sich in tiefere Bodenschichten vorzuarbeiten. Aus diesem Grund wird eine neu zu bepflanzende Weinbergsfläche grundsätzlich zunächst rigolt. Man versteht darunter die tiefe Lockerung, das Aufbrechung des Bodens. Auf Flächen, die leicht mit dem Traktor zu befahren sind, kann diese Arbeit mit einem Mehrscharpflug erfolgen oder aber mit einer Spatenmaschine. In Steillagen wie dem Halenberg sind wir noch immer auf das abgebildete Gerät angewiesen. Zu sehen ist hier ein Seilwinden-gezogener Sitzpflug mit nur einem Schar. Hiermit wird von unten nach oben gearbeitet. Bei jeder Bergfahrt wird ein maximal 20cm breiter Streifen Boden bis zu einer Tiefe von 50-60cm umgepflügt. Vier Männer waren hier drei Tage lang beschäftigt, um die ganze Fläche zu rigolen.

Wider unseren Erwartungen kam bei dieser Arbeit nur selten der Fels zum Vorschein. Dennoch war es an einigen Stellen nicht möglich, tiefer als 30cm zu rigolen. Dort haben es die Reben später schwer. Die Weinbergspfähle oder Stickel, wie der Winzer sagt, wurden später an diesen Stellen in Beton gegossen um die nötige Standfestigkeit zu gewähren.
Der allergrößte Teil der Fläche wies glücklicherweise eine ausreichende Bodenmächtigkeit von mindestens 60cm auf. Der Boden ist sehr steinig und doch, dank der langen Brache, recht humusreich. Optimale Voraussetzung für die Erzeugung von großen Weinen, da die Wuchskraft und Ertragsfreude der Rebe schon durch die natürlichen Bedingungen stark gebremst wird.

Pflanzung

4. Pflanzung

In Flach- und Hanglagen können die Reben normalerweise recht einfach maschinell gepflanzt werden, in Steillagen wie dem Halenberg hingegen sind wir noch immer zur Pflanzung per Hand gezwungen. Dazu sind ein paar Vorbereitungen nötig:

Zunächst wird der Weinberg "ausgezeilt". Das bedeutet, dass festgelegt wird, wie die Rebzeilen später verlaufen sollen, wie groß der Stockabstand werden soll und wie breit die Zeile. Wir haben uns in diesem Fall für eine Zeilenbreite von 1,90m und 1,00m Stockabstand entschieden. Wichtig ist, dass die Zeilen später keinen Seitenhang aufweisen. Dies würde dazu führen, dass die Arbeitsgeräte, sei es nun Traktor, Raupe oder, wie in unserem Fall, ein seilgezogenes Arbeitsgerät all zu leicht seitlich wegrutschen und die Reben beschädigen würden. Beim Auszeilen ist die Voraussicht also extrem wichtig.
Weiter geht es jetzt mit dem Einschlagen der Weinbergspfähle oder "Stickel". Natürlich alles per Hand. Rund 650 Stück wurden hier auf die Fläche verteilt. Nachdem diese Arbeit erledigt ist und pro Reihe ein Draht über den Boden gespannt ist, kann es mit der eigentlichen Pflanzung losgehen. Der Draht dient hierbei als Orientierung, damit die Reben später alle schön ordentlich in einer Reihe stehen. In diesem Fall wurden die Pflanzlöcher mit einem Erdbohrer unter viel Schweiß vorbereitet, um der Rebe, zusammen mit etwas Pflanzerde, ein neues Zuhause zu geben.
Knapp zwei Wochen lang waren wir mit 5 Personen beschäftigt um 650 Stickel und 3600 Reben in die Erde zu bringen.

draehte

5. Drähte spannen und Triebe aufbinden

Etwa drei Wochen nach der Pflanzung hatten fast alle jungen Reben ihre ersten Blätter entfaltet. Dann ging die Entwicklung rapide weiter. Da die Reben meist nicht nur einen, sondern gleich mehrere Triebe ausbilden, müssen wir schon frühzeitig eingreifen. Nur der stärkste Trieb soll erhalten bleiben, so dass die Rebe möglichst schnell in die Höhe wächst. Auch Seitentriebe, so genannte "Geiztriebe", können wir somit natürlich nicht gebrauchen; sie werden ebenfalls entfernt ("ausgebrochen"). Je häufiger man diese Arbeit macht, desto besser, da die Rebe so am wenigsten Energie verschwendet und die entstehenden Wunden klein bleiben.

Schon bald sind die jungen Triebe zu lang, um ohne Unterstützung gerade zu stehen. Es ist jetzt Zeit sie aufzubinden. Dies geschieht mit einer Heftzange, die ein Kunststoffband spendet, mit dem der Trieb an einem dünnen Stahlstab fixiert wird (-> Foto). Dieser Stab, der den Rebstamm später stützen soll, ist schnell zu kurz und so müssen auch direkt die restlichen Drähte gespannt werden. Später werden die langen Triebe daran befestigt. Pro Rebzeile werden insgesamt fünf Drähte benötigt, die per Hand eingezogen werden. Das ergibt auf die Gesamtfläche dieses Weinbergs gut 20 Kilometer Draht!

Wachstum

6. Wachstum fördern

Jetzt liegt es vor allem am Wetter, wie sich die Reben entwickeln. 2007 hatten wir optimale Bedingungen! Es war nicht zu heiß und von Zeit zu Zeit hatten wir ergiebige Regenschauer. Die jungen Pflanzen mussten so keinen Durst leiden und wuchsen schnell in die Höhe. Unterstützt wurde dies von uns indem wir der "spontanen Wildflora" (man könnte es auch Unkraut nennen) zu Leibe rückten. Vor allem in direkter Nachbarschaft der Reben war der Einsatz der Hacke gefragt um die hartnäckige Wasser-Konkurenz fern zu halten.

Die Hauptfeinde der jungen Reben sind Hasen und Rehe, die sich von Zeit zu Zeit in unsere Weinberge verirren und eine besondere Vorliebe für die Triebspitzen der schwachen Pflänzchen haben. Dagegen hilft nach unseren Erfahrungen am besten die Vergrämung. Wir spritzen einmal pro Woche mit der Rückenspritze einen organischen Blattdünger, der wenige Tage nachdem er mit Wasser angesetzt wurde zu verwesen beginnt und wirklich "tierisch" stinkt. Wir schlagen somit zwei Fliegen mit einer Klatsche: Die Rebe bekommt zusätzliche Nährstoffe, die sie über das Blatt aufnimmt und die Hasen und Rehe bleiben ihr fern. 100% natürlich und sehr effektiv!

7. Winterruhe

Ab September lassen wir unsere Jungfelder in Ruhe. Lediglich etwas Stroh wird im September eingebracht, um die Gefahr der Erosion bei einem heftigen Niederschlag zu bannen. Die jungen Reben haben nun, bei optimalen Wetterbedingungen, Längen von meist deutlich über 2 Meter erreicht und sind somit in bester Verfassung, um die Winterruhe anzutreten.

8. Rebschnitt

Bevor die Reben wieder austreiben, ist es wichtig sie zurück zu schneiden. Bei älteren Reben wird dabei in der Regel über 90 Prozent des Holzes aus dem Vorjahr entfernt. Im ersten Standjahr fällt dieser Rückschnitt meist nicht ganz so extrem aus, da es nur einen einzigen Trieb aus dem Vorjahr gibt. War der Wuchs im Vorjahr eher kümmerlich, wird radikal auf ein bis zwei Augen (Knospen) zurück geschnitten. Ist die Rebe stark genug, sollte sie höchstens auf Stammhöhe eingekürzt werden und wenn die jungen Reben schon sehr kräftig gewachsen sind, schneiden wir sogar schon einen kleinen Bogen an. Das bedeutet, wir kürzen die Rebe auf etwa 1,60m ein und biegen sie danach über den oberen Biegedraht, um sie dann am unteren Biegedraht zu befestigen. Jetzt ist es aber wichtig, dass schon bald nach dem Austrieb (April/Mai) die Triebzahl stark reduziert wird. Ansonsten würden wir den jungen Rebstock überlasten und dauerhaft schwächen.

Bodenbearbeitung

9. Bodenbearbeitung und Ausbrechen

Lange bevor die Reben wieder austreiben, schießt das Unkraut in die Höhe. Höchste Zeit für eine Bodenbearbeitung. Dazu benutzen wir jetzt einen leichten Grubber, der mittels Seilwinde nach oben gezogen wird; nach unten wird er manuell gezogen. Bei der Bergfahrt sitzt eine Person auf dem Grubber und lenkt diesen, während die zweite Person die Seilwinde am Traktor bedient. Zwischen den Rebstöcken muss das Unkraut allerdings per Hand oder Hacke entfernt werden.

Kurz nach dem Austrieb, wenn die Triebe etwa fünf bis zehn Zentimeter lang sind, ist ein guter Zeitpunkt für das erste Ausbrechen. So bezeichnen wir das Entfernen von überflüssigen Trieben am Stamm und an der Bogrebe. Wir belassen hier maximal sechs gut positionierte Triebe pro Stock. Nur so können wir gewährleisten, dass die verbleibenden Triebe auch kräftig genug werden um die ersten Trauben, die wir hoffentlich schon dieses Jahr ernten können, ernähren zu können.

Laubarbeiten

10. Laubarbeiten

Trotz des relativ trockenen Sommers wuchsen die Reben auch im 2. Standjahr recht gut. Lediglich bei einigen schwächeren Stöcken mussten wir die Triebzahl noch einmal reduzieren und die Trauben entfernen. Die kräftigeren hingegen durften ihre Trauben zum größten Teil behalten. Je länger die Triebe werden, desto mehr Unterstützung brauchen sie durch den Drahtrahmen. Der Riesling kann sich an diesem mit seinen kräftigen Ranken schon sehr gut festhalten, aber nur, wenn der Trieb schon vorher aufrecht gewachsen ist. Hier müssen wir also unterstützend eingreifen, indem wir die Triebe zwischen den Heft- und Rankdrähten fixieren. Wir sprechen hier vom "Heften". Schon bald wird die Laubwand so hoch, dass wir sie mit der Heckenschere oder der Sichel zurecht stutzen müssen. Dieser Laubschnitt verhindert das Abbrechen der Triebe und fördert die Durchlüftung der Traubenzone, was wiederum der Gesundheit der Trauben zu gute kommt.

11. Weinlese

Endlich ist es soweit - die Trauben sind reif! In dieser Junganlage blieben sie 2008 kleinbeerig und waren daher sehr gesund. Goldgelb strahlten Sie uns aus der Laubwand entgegen. Hier und da fand sich etwas Botrytis, die so genannte Edelfäule. Sie führt dazu, dass die Beerenschale dünn wird und somit das Wasser in der Beere leicht verdunsten kann. Übrig bleiben hauptsächlich Zucker, Säuren und ein sehr konzentriertes Aroma.
Am 22. Oktober 2008 konnten wir die ersten Trauben aus unserem Projekt 2007 ernten. Mit Qualität und Menge sind waren wir hoch zufrieden, den Wein haben wir separat ausgebaut, um bei der Jungweinprobe im folgenden Frühjahr schon mal ein Gefühl für die Eigenarten des neuen Weinbergs zu bekommen.

12. Nachwort

Von nun an wird unsere "junge Lay", wie wir den Weinberg intern nennen, mehr oder weniger wie alle anderen steilen Weinberge behandelt, mit dem Unterschied, dass wir in den ersten Jahren noch mehr darauf achten müssen, dass die Reben nicht durch zu hohe Erträge überlastet werden. Alte Reben hingegen regeln das fast von allein.
2008 folgte schon das nächste Großprojekt: Es bestand in der Rekultivierung von rund 1,2 Hektar Weinbergsland, das ebenfalls teilweise über dreißig Jahr ungenutzt blieb. Die beiden neuen Riesling-Parzellen entstanden direkt über dem Halenberg. Mit 40 bis 50% Steigung sind diese für unsere Begriffe zwar noch nicht extrem steil, aber dennoch erhofften wir uns hier nach ein paar Jahren konstant hohe Qualitäten, die zu unserem "Mineral" Riesling passen sollten. Die Hoffnung hat sich mittlerweile erfüllt. Der "Mineral" profitiert heute enorm von den dortigen Trauben, obwohl die Reben noch jung sind. Eine große Zukunft steht bevor.